Nürnberg, 4. Oktober 2023
Nachhaltige Mobilität in bayerischen Urlaubsregionen stärken
Tourismustagung des VCD Bayern sieht Optimierungsbedarf
Am 13. und 14. September 2023 haben sich im Naturpark Altmühltal in
Eichstätt Tourismus- und Verkehrsexperten aus Praxis, Wissenschaft und
Politik unter dem Motto "Mit Bus und Bahn nachhaltig mobil im Naturpark
Altmühltal - Perspektiven für verträgliche Mobilität in Destinationen"
zur VCD-Tourismustagung 2023 getroffen. Die Veranstaltung wurde in
Zusammenarbeit mit der Kooperation Fahrtziel Natur und dem Naturpark
Altmühltal organisiert.
Motivation für die Tagung ist die Tatsache, dass die Erreichbarkeit von
touristischen Zielen mit öffentlichen Verkehrsmitteln sowie Mobilitätsangebote
für die Gestaltung des Aufenthalts vor Ort ein zunehmend wichtiger
Standortfaktor für den Tourismus werden. Insbesondere für die Mobilität
im Urlaub und während Wochenendausflügen ist ein Grundangebot an
ÖPNV-Verbindungen und möglichst einfache Fahrscheinangebote wichtig.
Aktuell ist dies in vielen Regionen nicht gegeben. Oftmals gibt es keine
Verkehrsangebote. Sind diese vorhanden, so stellten Tarif- und
Verbundgrenzen ein maßgebliches Hindernis dar. Öffentliche
Mobilitätsangebote sind keine "Geschenke" für Touristen, sondern dienen
auch der Alltagsmobilität für die php gender('Bewohnerinnen','Bewohner') ?>
von Tourismusgebieten im ländlichen Raum. Umweltverträgliche
Mobilitätskonzepte sind für die positive Entwicklung des Tourismus
relevant, da sie dazu beitragen können, die Akzeptanz bei der lokalen
Bevölkerung angesichts der heute noch oftmals vorherrschenden
Blechlawinen zu erhalten.
Mit der Tagung sollte — auch vor dem Hintergrund der Einführung des
Deutschlandtickets im Jahr 2023 — die Herausforderungen der Gestaltung
öffentlicher Mobilitätsangebote in Fahrtziel Natur-Gebieten und anderen
ländlich geprägten Destinationen gemeinsam diskutiert werden. Im
Mittelpunkt standen dabei Einschränkungen und Lösungsansätze für
destinationsweite Mobilitätsangebote — auch über administrative und
Verbünde-Grenzen hinweg. Dabei standen drei Hauptachsen im Vordergrund:
- Erfahrungen in den bereits bestehenden fünf Fahrtziel-Natur-Gebieten
- Herausforderungen für Freizeitverkehre im Naturpark Altmühltal
- Implikationen des Deutschlandtickets für ländliche Destinationen.
In den fünf bereits bestehenden bayerischen Fahrtziel-Natur-Gebieten
Allgäuer Hochalpen, Ammergauer Alpen, Berchtesgaden, Bayerischer Wald
und Frankenwald werden bereits seit vielen Jahren mit gutem Erfolg
Angebote für die Anreise und die Mobilität vor Ort mit öffentlichen
Verkehrsmitteln umgesetzt. Aus den Beiträgen von
der
bayerischen Fahrtziel-Natur-Gebieten wurden in der Diskussion folgende
Schlussfolgerungen und Desiderate formuliert:
- Fahrtziel Natur sollte noch mehr als Marke für ökologischen
Tourismus ausgebaut werden. Der Kunde sollte ein klar definiertes
Qualitätsversprechen bekommen, wenn er in eine dieser Regionen
fährt.
- Gästekarten sind grundsätzlich keine Konkurrenz zum
Deutschlandticket. In Bayern müssen wir die Rahmenbedingungen zur
Erhebung von Beiträgen seitens der Gemeinden klären
(Kommunalabgabengesetz). Eine organisatorische und datentechnische
Zusammenführung von Deutschlandtickets und Gästekarten wäre
anzustreben.
- Die Infrastruktur für den umweltfreundlichen Verkehr sollte auf
hochwertigem Niveau entwickelt werden. Dabei sind vor Allem die
Zugangsstellen zum öffentlichen Verkehr ins Blickfeld zu nehmen. Diese
sind barrierefrei auszubauen und zu Mobilitätsstationen weiter zu
entwickeln.
- Um Besucher gezielt an sensible Regionen heranzuführen, sind aber
auch Einschränkungen bei der Pkw-Erreichbarkeit notwendig. Mit diesem
gezielten "Push and Pull" wird die ÖPNV-Nutzung bei der Anreise in diese
Regionen gestärkt.
Im Naturpark Altmühltal stellt sich die Herausforderung,
umweltfreundliche ÖPNV-Angebote für die Anreise und die Mobilität vor
Ort in besonderer Weise.
Bei der Anreise:
- Die Bahnstation Kinding (auf der Neubaustrecke Nürnberg-München)
ist unzureichend an das regionale Busnetz angebunden. Auch wäre eine
durchgängige Bedienung im Stundentakt wünschenswert. Als Vorbild sollte
die regionale Einbindung der neuen Bahnstation "Merklingen (Schwäbische
Alb) an der Neubaustrecke Stuttgart–Ulm gelten. Primär sollte eine
stündliche Buslinie Eichstätt Stadt–Kinding kurzfristig realsiert
werden.
- Die Kapazitäten auf der Regionalverkehrsstrecke
Ingolstadt–Treuchtlingen sind die Kapazitäten für Fahrradmitnahme
insbesondere an den Wochenenden unzureichend. Hier wäre mittelfristig
ein Halbstundentakt anzustreben. Dies wäre machbar mittels einer
Durchbindung der RB Augsburg–Ingolstadt über Eichstätt Bahnhof nach
Eichstätt Stadt.
- Barrierefreier Ausbau der Umsteigehaltestelle "Eichstätt
Bahnhof".
Bei der Mobilität im Naturpark Altmühltal:
- Die beiden Hauptschienenverbindungen erschließen das Altmühltal
zwar in Nord-Süd-Richtung. Aufgrund von Streckenstillegungen in den
letzten Jahrzehnten sind aber keine West-Ost-Schienenverbindungen im
Altmühltal selbst mehr vorhanden.
- Die Konzeptionierung von, das Altmühltal vor allem in
West-Ost-Richtung erschließenden Busangeboten wird dadurch erschwert,
dass der Naturpark Altmühltal zu mehreren Verkehrsverbünden gehört. Im
Norden der Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VGN), in der Mitte der
Verkehrsverbund Großraum Ingolstadt (VGI), im Osten die
Verkehrsgemeinschaft Landkreis Kelheim (VLK) bzw. der Regensburger
Verkehrsverbund (RVV) und im Westen die Verkehrsgemeinschaft Donau-Ries
(VDR) bzw. der Augsburger Verkehrsverbund (AVV).
- Mit der sogenannten Freizeitbuslinie von Regensburg bis
Dollnstein wurde unter finanzieller Beteiligung der Landkreise zwar im
Sommer eine Ost-West-Verbindung am Wochenende geschaffen, bei der auch
Fahrräder mitgenommen werden können. Diese reicht aber nicht in das
VGN-Gebiete hinein und ist damit für
php gender('Besucherinnen','Besucher') ?> aus dem Großraum Nürnberg
nur durch Kauf von zusätzlichen Tickets nutzbar.
- Eine zeitliche Ausweitung des Angebotes auf die Wochentage würde
nicht nur die Mobilitätsoptionen von
php gender('Besucherinnen','Besucher') ?> des Altmühltals, sondern
auch diejenigen der Wohnbevölkerung deutlich verbessern. Dabei sind
nicht nur die Landkreise als Aufgabenträger vor Ort gefordert. Auch der
Freistaat muss einen seinen Beitrag bringen. Für landkreisübergreifende
Verbindungen wie z. B. einer besseren Einbindung des Fränkischen
Seenlandes in Richtung des Altmühltals sollten landesbedeutsame
Buslinien vom Freistaat eingerichtet und finanziert werden. Die
kleinräumige Erschließung innerhalb der Gemeinden bzw. im Zulauf zu den
Mittel- und Oberzentren wäre dann von den Landkreisen zu
organisieren.
In den Vorträgen, Diskussionen und dem Workshop zum Deutschlandticket
wurde deutlich
- Das Deutschlandticket (49 €-Ticket) erlaubt es,
unabhängig von Verbündegrenzen mit Bus und Bahn unterwegs zu sein. Dies
ist eine Erleichterung im Ausbildungs-, Berufs- und Schülerverkehr, aber
maßgeblich vor Allem im Freizeit- und Urlaubsverkehr. Dies gilt gerade
für den Naturpark Altmühltal, da dort die tarifliche Entwicklung von
Freizeit- und Urlaubsverkehr durch die Verbundgrenzen von gleich fünf
Tarif- und Verkehrsverbünden behindert wurde.
- Das Deutschlandticket kann destinationsweite Alternativen, wie z.
B. Gästekarten, nicht ersetzen. Nur etwa jede siebte
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ein Deutschlandticket. Darüber hinaus ist auch die Mitnahme von Kindern
(bis 14 Jahre) oder die Fahrradmitnahme nicht einheitlich
geregelt.
- Dementsprechend wird die bayerische Staatsregierung aufgefordert,
Rahmenbedingungen zu schaffen, dass Gästekarten in Urlaubsgebieten auch
angeboten werden können.
Aus dem Freizeitverkehr resultiert etwa die Hälfte aller Fahrten in
Deutschland. Alternativen zur Nutzung des privaten Pkws stellen damit
einen wichtigen Beitrag zur Begegnung der Klimakrise, aber auch der
Blechlawinen in den bayerischen Naturlandschaften dar. Der VCD und
Fahrtziel Natur werden sich auch weiterhin für umweltfreundliche
Alternativen zum Motorisierten Individualverkehr in Freizeit und Urlaub
einsetzen.
Weitere Informationen:
Pressekontakt (für Rückfragen):
Gerd Weibelzahl, gerd.weibelzahl@vcd-bayern.de, Tel. 0160 94605819
Andreas Kagermeier, andreas.kagermeier@vcd-bayern.de, Tel. 0172 9600865
Unser Pressefoto zum
Download
Haben die VCD-Tourismustagung vorbereitet und gestaltet (v. l. n. r.):
Andreas Kagermeier (VCD Bayern), Ulrich Büscher (Verkehrsverbund
Großraum Nürnberg), Gerd Weibelzahl (Schatzmeister des VCD), Kathrin
Bürglen (Fahrtziel Natur, DB Fernverkehr), Christian Loos
(VCD-Landesvorsitzender), Christian Geyer (Sachgebietsleiter Mobilität &
ÖPNV, Landratsamt Eichstätt), Christoph Würflein, (Vorsitzender
Naturpark Altmühltal) und der Stellvertretende Landrat Bernhard
Sammiller (CSU)
Foto: VCD Bayern
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