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Bamberg, 18. Januar 2003

Ausbau und Beschleunigung der bestehenden Strecken - Die attraktive und finanzierbare Alternative zur Neubaustrecke Nürnberg-Erfurt

Der VCD Bayern fordert Bundes- und Landesregierung auf, die bestehenden Bahnverbindungen zwischen Nordbayern und den benachbarten Ländern Thüringen und Sachsen dringend auszubauen und in ihrer Attraktivität entscheidend zu verbessern.

Die Lösung der Verkehrs- und Umweltprobleme und die Verbesserung der Mobilität der Bürgerinnen und Bürger ist dabei das vorrangige Ziel. Damit verbunden ist eine erhebliche Steigerung der Lebensqualität in Nordbayern und den nördlichen Nachbarländern. Die benachbarten Regionen wachsen besser zusammen und leistungsfähige Verbindungen zwischen den Städten stärken die wirtschaftliche Entwicklung.

Als Lösung wird von Bundes- und Landesregierungen und der DB AG die Bahn-Neubaustrecke (NBS) von Nürnberg nach Erfurt präsentiert. Die Neubaustrecke ist jedoch – auch angesichts der gigantischen Summen, die dieses Projekt kosten soll – nicht der geeignete Weg, die Verkehrsprobleme zu lösen.

Nach unserer Überzeugung darf nicht nur die möglichst schnelle Verbindung zwischen wenigen großen Städten im Mittelpunkt des Interesses stehen, wie sie durch geplante Neubaustrecke von Nürnberg nach Erfurt vorgesehen ist. Bedeutende Regionen wie die Industrieregion Gera/Zwickau/Chemnitz, aber auch wichtige Städte wie Regensburg, Hof, Jena, Saalfeld dürfen nicht einfach "links liegen gelassen" werden.

Wir fordern statt dessen die Umlenkung der dafür vorgesehenen Mittel zur Realisierung der folgenden Projekte
(Detailbeschreibung im Anhang):

  1. Die sofortige Einführung eines Fernverkehrs im Stundentakt auf den Strecken Nürnberg-Berlin, München-Leipzig/Dresden sowie der sogenannten "Mitte-Deutschland-Bahn",
  2. die Beschleunigung des Bahnverkehrs und den Ausbau der Strecke von Nürnberg nach Berlin über Bamberg, Saalfeld, Jena
  3. Beschleunigung, Ausbau und Elektrifizierung der Strecke von München nach Leipzig/Dresden über Regensburg und Hof,
  4. Beschleunigung, Ausbau und Elektrifizierung der sogenannten "Mitte-Deutschland-Bahn" von Kassel nach Dresden,
  5. Beschleunigung und Ausbau der Strecke Würzburg-Erfurt über Schweinfurt und Suhl,
  6. ein Programm zur Schließung von Lücken im Bahnnetz zwischen Bayern und Thüringen für ein Zusammenwachsen der benachbarten Regionen und
  7. ein Programm zur Modernisierung bestehender Zweigstrecken und zur Reaktivierung stillgelegter Zweigstrecken sowie zur mittelfristigen Realisierung von Regionalstadtbahnkonzepten.

Die geforderte Umschichtung der bereits für die Neubaustrecke vorgesehenen Mittel verspricht folgende Vorteile:

  • Es profitieren wesentlich mehr Regionen und mehr Menschen davon. Die Bahn wird auf sehr breiter Basis attraktiver und nicht nur auf einzelnen, wenigen Verbindungen. Ein Netz mit vielen Verknüpfungspunkten und optimierten Umsteigeverbindungen entsteht.
  • Auch die Verbindungen zwischen München, Nürnberg, Erfurt, Leipzig und Berlin werden durch die geforderten Beschleunigungsmaßnahmen erheblich schneller und damit verbessert.
  • Während die NBS Nürnberg-Erfurt nach dem sich abzeichnenden Tempo erst spät im zweiten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts fertiggestellt würde, können die hier vorgeschlagenen Maßnahmen sehr viel schneller und stufenweise realisiert werden. Sie verbessern daher sehr viel kurzfristiger die Situation von Menschen und Wirtschaft.
  • Städte wie Bamberg und Coburg brauchen einen regelmäßigen Fernverkehrsanschluß. Diesen erhalten sie durch die geforderten Maßnahmen. Durch den Bau der NBS würden sie bestenfalls einige wenige ICE-Halte zu den Tagesrandlagen bekommen, weil die NBS alleine auf die schnellst mögliche Verbindung zwischen den Großstädten abzielt.
  • Dringend notwendige Arbeitsplätze in den betroffenen Regionen entstehen, da die hier vorgeschlagenen Maßnahmen auch eine Ausweitung des Betriebs und eine Vielzahl von kleinen bzw. mittleren Einzelmaßnahmen beinhalten, deren Beschäftigungswirkung größer ist als die von Großprojekten. Dagegen wird die NBS hauptsächlich mit Großmaschinen realisiert.
  • Die Maßnahmen sind für Mensch und Umwelt wesentlich verträglicher als der Bau der NBS quer durch Mittelgebirge und relativ unberührte Natur.

Beim 1998 beschlossenen Baustopp wurde die Neubaustrecke durch Nichts ersetzt – dies war ein Fehler! Würden dagegen die vorgesehenen Mittel in die oben genannten Maßnahmen erfolgt, ergeben sich keine Nachteile. Im Gegenteil: Es würden viel mehr Regionen profitieren, die Vorteile schneller zum Tragen kommen und mehr Arbeitsplätze geschaffen. Dann würden auch die heutigen Befürworter der NBS schnell davon überzeugt sein, daß die hier geforderte Lösung die wesentlich bessere ist.

Wir fordern die Bundesregierung daher auf, die für die NBS Nürnberg-Erfurt vorgesehenen Mittel zugunsten der oben beschriebenen Projekte umzuschichten. Das Wahlkampfversprechen, für bessere Lebensbedingungen in Bayern, Thüringen und Sachsen zu sorgen, läßt sich so noch besser erreichen. Die Bayerische Staatsregierung fordern wir auf, im Interesse ihrer Bürgerinnen und Bürger unsere Forderungen zu unterstützen statt die NBS Nürnberg - Erfurt mit Klauen und Zähnen zu verteidigen.


Anhang:

Die geforderten Projekte als Alternative zur Neubaustrecke Nürnberg – Erfurt

  1. Sofortige Einführung eines Fernverkehrs im Stundentakt auf den Strecken
    • Nürnberg-Berlin über Bamberg, Saalfeld, Jena und Leipzig,
    • München-Leipzig/Dresden über Regensburg und Hof,
    • sowie auf der sogenannten "Mitte-Deutschland-Bahn" Ruhrgebiet-Dresden über Kassel, Eisenach, Gotha, Erfurt, Weimar, Jena, Gera, Zwickau, Chemnitz und Dresden.
    Es ist nicht nachvollziehbar, daß einerseits auf der Relation Nürnberg-Berlin mit über vier Milliarden Euro eine Hochgeschwindigkeitsstrecke gebaut werden soll, aber andererseits immer noch kein Stundentakt auf der bestehenden Verbindung angeboten wird.
  2. Beschleunigung und Ausbau der Strecke Nürnberg-Berlin über Bamberg, Saalfeld, Jena und Leipzig. Der Ausbau soll so realisiert werden, daß eine attraktive Reisezeit erreicht wird und die Reisezeit zwischen den Knoten im Sinne eines Integralen Taktfahrplan optimiert wird. Mit den immensen Summen, die für die NBS Nürnberg-Erfurt vorgesehen sind, können hier nach Bedarf auch relativ aufwendige Maßnahmen wie Streckenbegradigungen und einzelne Tunnelabschnitte realisiert werden.
  3. Beschleunigung, Ausbau und Elektrifizierung der Strecke München-Leipzig/Dresden über Regensburg und Hof. Auch hier ist eine attraktive Reisezeit und eine Optimierung der Fahrzeiten im Sinne eines Integralen Taktfahrplans durch entsprechende Ausbaumaßnahmen zu erreichen.
  4. Beschleunigung, Ausbau und Elektrifizierung der sogenannten "Mitte-Deutschland-Bahn" vom Ruhrgebiet über Kassel, Eisenach, Gotha, Erfurt, Weimar, Jena, Gera, Zwickau und Chemnitz nach Dresden. Diese Strecke verbindet eine Reihe der wichtigsten Ballungsräume Deutschlands miteinander. Der Ausbau ist seit Jahren beschlossen, scheitert aber immer wieder an fehlenden Mitteln, die leicht verfügbar wären, wenn auf immens teuere Prestigeprojekte wie die NBS Nürnberg-Erfurt verzichtet würde.
  5. Beschleunigung und Ausbau der Strecke Würzburg-Erfurt über Schweinfurt und Suhl. Hier ist ebenfalls eine attraktive Reisezeit und eine Optimierung der Fahrzeiten im Sinne eines Integralen Taktfahrplans durch entsprechende Ausbaumaßnahmen zu erreichen.
  6. Programm zur Schließung von Lücken im Bahnnetz zwischen Bayern und Thüringen für ein Zusammenwachsen der benachbarten Regionen. Dazu gehören zum Beispiel die Strecken (Coburg)-Bad Rodach-Hildburghausen, Coburg-Eisfeld, Stockheim (Oberfr.)- Sonneberg, (Hof)-Marxgrün-Blankenstein-(Saalfeld).
  7. Programm zur Modernisierung bestehender Zweigstrecken und zur Reaktivierung stillgelegter Zweigstrecken entlang der oben genannten Hauptstrecken sowie zur mittelfristigen Realisierung von Regionalstadtbahnkonzepten für Städte/Regionen wie Erlangen, Bamberg, Coburg, Bayreuth, Hof, usw. Damit kann der Effekt der attraktiven Fernverkehrsverbindungen erheblich verstärkt werden, weil noch mehr Regionen davon profitieren.

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