Resolution des VCD Bayern, Landesmitgliederversammlung 8.4.2000

Weniger Unfälle durch konsequente Durchsetzung von Geschwindigkeitsbeschränkungen

Insbesondere zum Schutz von Kindern fordert der VCD Bayern, die Raserei auf unseren Straßen endlich konsequent zu bekämpfen. Immer noch ist nicht angepasste Geschwindigkeit die Hauptursache besonders von schweren Unfällen. Vor allem Kinder und alte Menschen können aus Angst vor zu schnell fahrenden Autos immer seltener selbstständig unterwegs sein.

Der VCD fordert daher neben Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerorts die konsequente Durchsetzung aller bestehenden Tempolimits. Dazu sind regelmäßige Kontrollen und eine deutliche Verschärfung der Sanktionen bei zu schnellem Fahren notwendig.

Mit steigender Geschwindigkeit steigen sowohl die Unfallwahrscheinlichkeit als auch die Unfallschwere. Wenn ein Kind 15 Meter vor einem Auto auf die Fahrbahn läuft, dann kann ein Autofahrer, der 30 km/h schnell fährt, noch rechtzeitig anhalten. Fährt er 50 km/h, dann hat das Auto einen Anhalteweg von über 27&Metern. Nach 15 Metern beträgt die Aufprallgeschwindigkeit noch 45 km/h. Das Kind würde in diesem Fall fast immer getötet oder schwer verletzt.

Mit anderen Worten: Mit niedrigerer Geschwindigkeit lassen sich viele Unfälle ganz vermeiden und viele andere in ihren Folgen erheblich abmildern. Sowohl Verletzungswahrscheinlichkeit als auch Verletzungsschwere nehmen mit dem Quadrat der Geschwindigkeit zu.

Beispiel Tempo-30-Zone: Tempo 45 statt 30 führt zum fünffachen Verletzungspotential, kostet aber nur 50 DM Bußgeld. Dieser Betrag ist lächerlich niedrig. Zum Vergleich: Fahren mit 0,8 Promille Alkohol bedeutet eine ähnlich große Gefahrenerhöhung, wird aber vernünftigerweise mit DM 500 bestraft. Noch nicht einmal bei Tempo 60 wird ein Fahrverbot verhängt. Angesichts des heutigen Maßnahmenkatalogs ist es kein Wunder, dass Raserei weithin als Kavaliersdelikt angesehen wird. Der Wille, für die Einhaltung der vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit zu sorgen, fehlt offensichtlich.

Die Zahl der Unfälle mit Verletzten und Toten ist in Bayern 1999 entgegen dem Bundestrend gegenüber dem Vorjahr angestiegen. Vor diesem Hintergrund ist das Jahr 2000 von der bayerischen Staatsregierung zum Jahr der Verkehrssicherheit erklärt worden. Um die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer zu erhöhen, fordert der VCD Bayern:

  1. – Häufigere Geschwindigkeitskontrollen.
  2. Der Verwarnungs- und Bußgeldkatalog hinsichtlich der Geschwindigkeitsüberschreitungen, der in diesem Jahr völlig unzureichend geändert wurde, ist nach folgenden Maßgaben zu überarbeiten:

Der Maßnahmenkatalog soll den Willen deutlich machen, die Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit durchzusetzen. Die Staffelung der Verwarnungs- und Bußgelder wird durch auf einen Sockelbetrag bezogene Faktoren verwirklicht, der Sockelbetrag wird jährlich in Höhe der amtlich festgestellten Inflationsrate angepasst. Die aus Faktor und Sockelbetrag errechneten Beträge werden auf volle fünf DM gerundet.

Der VCD Bayern schlägt folgenden Bußgeldkatalog vor:

Sockelbetrag 75 DM

Überschreitung um Faktor Bußgeld Punkte Fahrverbot bzw. Führerscheinentzug
bis 10% 0,5 40 DM    
bis 20% 1 75 --- hier Grenze zu Bußgeld und damit Punkten bei Gefahrverdoppelung
bis 30% 2 150 *  
bis 40% 3 225 *  
bis 50% 4 300 **  
bis 60% 6 450 *** 1 Monat
bis 70% 8 600 **** 2 Monate
bis 80% 10 750 ***** 2 Monate
bis 90% 12 900 ****** 3 Monate
bis 100% 15 1200   3 Monate
mehr als 100%   Straftat Geldstrafe ******* Führerscheinentzug oder Freiheitsstrafe

Empfindliche Strafen und scharfe Kontrollen als Mittel gegen Geschwindigkeitsübertretungen sind keine "Abzockerei", vielmehr haben alle Verkehrsteilnehmer, insbesondere aber Fußgänger und Radfahrer einen Anspruch auf die Durchsetzung der Tempolimits. Zu schnelles Fahren ist kein Kavaliersdelikt, sondern ist nachweislich die Ursache für Tausende von Todesfällen Jahr für Jahr.

Anhang: Gesetzesvorschlag

Die Einführung des Straftatbestandes "Grobe Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Straßenverkehr" könnte durch folgende Gesetzesänderungen erfolgen:

§ 316a StGB Erhebliche Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Straßenverkehr

(1) Wer im Straßenverkehr ein Fahrzeug führt und dabei die zulässige Höchstgeschwindigkeit erheblich überschreitet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 315a oder § 315c mit Strafe bedroht ist. Beim Führen eines Kraftfahrzeugs ist eine Geschwindigkeit, die mindestens das Zweifache der zulässigen Höchstgeschwindigkeit beträgt und sie um mehr als 20 km/h übersteigt, in der Regel als erheblich anzusehen.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem halben Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen Geldstrafe wird bestraft, wer die Tat nach Absatz 1 fahrlässig begeht.

Gleichzeitig wird § 315c (Gefährdung des Straßenverkehrs), so geändert, dass unter den dort vorliegenden Voraussetzungen (grob verkehrswidrig und rücksichtslos) konkrete Gefährdung anderer durch zu schnelles Fahren generell geahndet wird. Dazu wird Absatz 1 Nr. 2 Buchstabe d geändert zu:

d) zu schnell fährt,

Damit wird besonders gefährliches Schnellfahren mit einer höheren Strafe (Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe) belegt und zwar nicht nur die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um einen konkreten 100%-Wert, sondern jegliches Zuschnellfahren auch unangepasste Geschwindigkeit dort, wo gar keine oder eine hohe Geschwindigkeitsbeschränkung vorhanden ist.

In § 69 StGB Abs. 2 ist noch der Straftatbestand

5. der groben Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Straßenverkehr (§ 316a),
aufzunehmen, um Führerscheinentzug als Nebenfolge dieser Tat vorzuschreiben. Auch dies ist bei Fahren unter starker Alkoholisierung schon in gleicher Weise vorgesehen.

Beispiele: Geschwindigkeitsüberschreitung und Bußgeldhöhe

Überschreitung in Prozent Bsp. zulässige Höchstgeschwindigkeit in km/h Verwarnungsgeld oder Geldbuße Punkte in Flensburg Führerscheinentzug in Monaten
  30 50 80 100      
bis 10% - 33 - 55 - 88 - 110 40 DM    
bis 20% - 36 - 60 - 96 - 120 75 DM    
bis 30% - 39 - 65 - 104 - 130 150 DM *  
bis 40% - 42 - 70 - 112 - 140 225 DM *  
bis 50% - 45 - 75 - 120 - 150 300 DM **  
bis 60% - 48 - 80 - 128 - 160 450 DM *** 1 Monat
bis 70% - 51 - 85 - 136 - 170 600 DM **** 2 Monate
bis 80% - 54 - 90 - 144 - 180 750 DM ***** 2 Monate
bis 90% - 57 - 95 - 152 - 190 900 DM ****** 3 Monate
bis 100% - 60 - 100 - 160 - 200 1200 DM ******* 3 Monate
> 100 % >60 >100 >160 >200 Geldstrafe oder Freiheitsstrafe ******* Führerscheinentzug